Die Kultusministerkonferenz, die KMK, hat ihre im Laufe dieses Jahres erarbeitete Strategie Bildung in der digitalen Welt vorgelegt.

Die neue Strategie bietet zwar keine Garantie dafür, dass die zum Teil erheblichen Herausforderungen in der Bildung auch erfolgreich angegangen werden, aber sie macht wirklich einmal Mut, da sie grundsätzliche, pädagogische und technische Fragen mit vernünftigen Lösungen adressiert. Und das kann man von der Politik, auch der Bildungspolitik, nicht immer sagen.

Bemerkenswert ist schon der Entstehungsprozess. Die Arbeitsgruppe der KMK hat bereits zu einem frühen Zeitpunkt erste Ergebnisse und Eckpunkte veröffentlicht. Damit wollte man einer breiten Öffentlichkeit, auch abseits der typischen Anhörung von Lobbyisten, die Möglichkeit geben, bereits die grundsätzliche Richtung zu kommentieren und eigene Anregungen einfließen zu lassen. Das hat dem Ergebnis sichtbar gut getan und sollte Vorbildcharakter haben.

Logo der Kultusministerkonferenz

Ich habe mich insbesondere mit dem technischen Teil des Strategiepapiers beschäftigt und möchte besonderes folgende drei Dinge hervorheben:

Plattformneutralität für Einbindung von Endgeräten

Vor allem bei Nutzergeräten setzt die Studie vollständig auf Plattformneutralität. Genau das ist richtig, denn nur dadurch werden Bring-your-own-Device (BYOD)-Konzepte überhaupt erst möglich. Außerdem begünstigt dieser Ansatz, dass Kinder IT und ihre Prinzipien grundsätzlich verstehen, statt nur die Bedienung von Geräten und Software ausgewählter Hersteller zu üben. Ich hoffe, dass wir dadurch zukünftig mehr Heterogenität und weniger „Apple-Schulen“ oder „Windows-Monokulturen“ sehen. Zu diesem Ansatz passt übrigens auch die Forderung nach Einrichtung professioneller WLANs in den Schulen, die für das Lernen mit mobilen Geräten ja ebenfalls zwingend notwendig sind.

Definierte Standards erleichtern Zugriff auf Inhalte

Es wird festgestellt, dass die Entwicklung technischer Standards für den Austausch von Bildungsinhalten, und zwar von proprietär lizenzierten genauso wie von Open Educational Resources (OER), dringend geboten ist. Ziel muss es ja sein, dass jeder geeignete Inhalt mit jedem technischen System einfach genutzt werden kann. Das ist heute leider noch überhaupt nicht der Fall. Dafür sind in der Praxis tatsächlich nutzbare und die Kooperation aller Beteiligten in der Lehre unterstützende, rechtliche Rahmenbedingungen nötig. Außerdem sind hier zusätzlich auch Vergütungs- und praktikable Abrechnungsmodelle zu entwickeln. Man darf gespannt sein, wie das in dem Strategiepapier erwähnte, geplante Büro für OER personell ausgestattet sein wird, und ob es diese Fragen erfolgreich angehen kann.

Aufbau eines zentralen Identitäts-Managements auf Basis der Daten aus der Schulverwaltung

Schließlich freut mich sehr, dass die Strategie unser bereits mit zahlreichen Schulträgern und einigen Ländern umgesetztes Konzept für effiziente Schul-IT bestätigt. Kernstück von ihm, und auch in der KMK-Strategie explizit gefordert, ist ein zentrales Identitätsmanagement, das durch Schulverwaltungsprogramme gespeist wird und das Schülern, Lehrern und in Zukunft vermutlich immer häufiger auch Eltern den unkomplizierten Zugriff auf alle für sie freigeschalteten IT-Angebote des Schulsystems gibt. Jederzeit, von überall und mit jedem Gerät!

An dieses Identitätsmanagementsystem werden anschließend auf Schulträger- oder Landesebene sogenannte Lernmanagementsysteme (auch Lernplattformen), Systeme für den Datenaustausch und auch Kollaborationssysteme für Schulmail und Kalender integriert. Dazu gehören auch Dinge wie ein Remote-Zugriff auf Stunden- oder Vertretungspläne. Gleichzeitig stellt das IdM eine wichtige Aufgabe für die Systeme in der Schule dar. Folgerichtig fordert auch das KMK-Papier, dass der Zugriff auf WLANs in Schulen authentifiziert stattfinden muss. Aber auch die klassische Anmeldung am Windows-PC erfordert die Verbindung mit einem Identitätsmanagementsystem.

Erste Rahmenbedingungen für Cloudstrategie definiert

Immer mehr Dinge werden als Cloudservice bereitgestellt und das ist erst einmal gut so; werden dadurch doch Administrations- und Bereitstellungskosten massiv gesenkt und geräte- und ortsunabhängige Zugriffe erleichtert. Die KMK-Strategie unterstützt dieses Konzept und fordert ein paar wichtige Rahmenbedingungen. So ergibt sich bei Cloudservices in Kombination mit Identitätsmanagementsystemen auch die Möglichkeit, dass Anbieter von Lösungen für Schulen, also vor allem Software- und Inhalteanbieter, ihre Angebote einfach mit vorhandenen Infrastrukturen integrieren können.

Was noch fehlt: Open Source muss Standard für Bildungs IT werden

Man kann sich natürlich mehr wünschen. So hätte ich mir gewünscht, dass das Papier auch die Vermittlung zumindest fundamentaler Programmierkenntnisse fordert. Außerdem wäre ein Bekenntnis zu Open Source Software angebracht, denn sie gibt dem System Schule die notwendige Transparenz und Lernenden die Möglichkeit zum Experimentieren, Verstehen und Gestalten.

Diese Dinge fehlen. Trotzdem: Das Strategiepapier ist ein positives Startsignal und es ist gut, dass es zwar wichtige Standards setzt, aber Schulträgern und Ländern weiterhin den Wettbewerb um die besten Strategien zur Umsetzung ermöglicht. Damit können wir in Deutschland zu einer modernen, innovativen und vielfältigen Digitalisierung der Bildung kommen. Nun lasst sie uns vorantreiben!

Peter Ganten

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Peter H. Ganten ist Gründer und Geschäftsführer von Univention.