Das Bildungsziel, Schülern nicht den späteren Gebrauch bestimmter Marken nahezulegen, nehmen wir Lehrerinnen und Lehrer am Gymnasium Kusel sehr ernst. Deshalb setzen wir im Unterricht zunehmend Open Source-Software ein, vom Betriebssystem bis zu den Anwendungen. Die grundlegende Infrastruktur stammt dabei von Univention.

Wir waren unzufrieden mit der überalterten, pädagogischen Microsoft Windows-Netzwerklösung „Modulares Netz für Schulen, Rheinland-Pfalz“ (MNS+ RLP), welche zum Beispiel nur ein Update auf Windows Clients erlaubt hätte und damit unsere organisatorischen und pädagogischen Anforderungen an die im Unterricht und in der Schulverwaltung eingesetzte Software nicht mehr erfüllte. Denn für uns war und ist es immer ganz wichtig, dass Bildung frei sein muss und nicht herstellerbezogen sein darf. Das heißt auch, dass freie Lösungen da sein müssen. Wir wollen weg vom Windows-Weg. Denn das Gymnasium Kusel mit seinen 930 Schülern und 70 Lehrern sieht sich dem Begriff Freiheit in besonderer Weise verpflichtet. So werden wir auch ab dem 1. August 2015 den Namen Siebenpfeiffer-Gymnasium tragen. Der damit Geehrte war ein Journalist, der sich im 19. Jhd. weit über die Region hinaus für Freiheit und Volkssouveränität einsetzte, nicht zuletzt als einer der Hauptorganisatoren und Sprecher des Hambacher Festes, der Wiege der deutschen Demokratie.

Linux- und Open Source-Lösungen stellen Freiheit in der Bildung sicher

Die pädagogische Maxime „Freiheit in der Bildung“ verfolgen wir konsequent: Linux-Server sind ja allgemein üblich. Wir aber wollen einen Schritt weiter gehen und auch Linux-Clients mit Open Source-Anwendungen haben. Das ist natürlich nicht auf einen Schlag zu machen. Die finanziellen Ressourcen sind begrenzt. Die zeitlichen Möglichkeiten für IT-Maßnahmen beschränken sich auf die Ferien, um den Unterricht nicht auszusetzen.

Doch der Anfang, von einer zuvor ausschließlich Windows-geprägten IT-Umgebung wegzukommen, ist gemacht. In den Sommerferien 2013 richteten mein Kollege Niko Markus und ich mit Hilfe des Saarbrücker IT-Hauses IKU einen Server mit der Infrastrukturlösung Univention Corporate Server (UCS) und UCS@school ein. Dies ist ein Softwarepaket für die Schulverwaltung und für die Nutzung von IT im Unterricht. Es bietet dabei die Möglichkeit, auf Client-Seite, also bei den Geräten für Schüler und Lehrer, neben einem Linux-Desktop auch Windows-Systeme zu benutzen.

UCS@school bietet herstellerunabhängige Bildung

Nach der Einrichtung des Servers stellten wir dann schrittweise die Schülerarbeitsplätze auf Univention Corporate Client (UCC) um. Inzwischen sind es rund 150 PCs und Laptops, die auf Linux laufen. Das sind 50 Prozent der insgesamt bei Schüler- und Lehrerarbeitsplätzen eingesetzten Clients.

Kostenfeie Open Source-Software sorgt für Chancengleichheit der Schüler

Die Umstellung umfasste nicht nur das Betriebssystem, sondern generell auf sämtlichen Clients auch die Anwendungssoftware. Hier kommen als Anwendungen jetzt bekannte Open Source-Lösungen wie der Browser Firefox oder das Büropaket LibreOffice zum Einsatz. Auch das ist Teil des pädagogischen Auftrags, keine Schüler zu benachteiligen. Denn wir haben an der Schule Kinder aus Migranten und einkommensschwachen Familien. Wir können von denen nicht verlangen, dass sie für die Arbeit daheim noch irgendwelche Software kaufen. Daher ist es uns wichtig, schon im Unterricht freie Software einzusetzen. Damit hatten wir schon viele Integrationserfolge. Die Lehrer helfen Familien auch, sehr günstige, gebrauchte Hardware zu bekommen.

Eltern, Schulleitung und Kollegium stehen hinter dem Open Source-Projekt

Das Projekt ist angekommen. Firefox kennen ohnehin viele Schüler, LibreOffice ähnelt MS Office, und etwas Neues ist für Schüler eh immer interessant. Die Eltern vertrauen der Schule. Die Schulleitung und das Kollegium stehen geschlossen hinter dem Projekt, auch wenn gelegentlich Klagen kommen, weil dies oder jenes anders funktioniert als auf den Rechnern daheim.

UCS@school KlassenarbeitsmodusDie Schullösung von Univention hat die Funktionalitäten, die eine Schule braucht. Sie erfordert auf den Linux-Clients wenig Aufwand, während die Windows-Clients mit Updates und Sicherheitsmaßnahmen sehr beanspruchend sind. Die Anwendung von UCS@school ist für die Lehrer im Unterricht einfach und die Administration der Server ist für uns Informatiklehrer ebenfalls leicht. Hier kommt die webbasierende Benutzerführung und das paketorientierte Softwarekonzept mit automatischen Updates vom Server bis zu den Clients in UCS zur Wirkung.

Ausblick: Umstellung der restlichen XP-Clients auf UCC und Aufbau einer privaten Schul-Cloud

Wir planen unsere neue IT-Orientierung in Kürze weiter auszubauen. Nachdem Microsoft den Support für XP eingestellt hat, müssen auch die restlichen Clients zügig von diesem System auf UCC umgestellt werden. Wir würden auch gern eine Private Cloud aufbauen, damit Schüler auch daheim auf Dokumente aus dem Unterricht zugreifen und umgekehrt eigene in die Schul-Cloud stellen können. Erste Versuche mit ownCloud hat es bereits gegeben. Auch gibt es Überlegungen, eine Groupware einzusetzen.

Mit dieser konsequenten Open Source-Strategie geht unser Siebenpfeiffer-Gymnasium in eine neue Phase seiner Geschichte. Unsere IT kommt dem Anspruch des Namens mit neuem Schwung entgegen, denn Freiheit heißt auch freie IT-Lösungen. Mit Univention und Open Source-Software werden wir dem Anspruch „Bildung muss frei sein“ gerecht.

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Marco Schneider

Informatik- und Mathematiklehrer, Diplom-Informatiker, Schul-IT-Administrator und Mitglied der Schulleitung am Gymnasium Kusel in Rheinland-Pfalz.

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Kommentare

  1. Ich finde es schade und nicht zum Schulnamen passend, daß Sie von Opensource-Software sprechen und nicht von Freier Software. Die in den Beispielen genannte Software ist Freie Software. Gibt es einen Grund dafür?

    Selbstverständlich finde ich es aber sehr gut, daß Sie diesen Weg gehen und damit Ihrer pädagogischen Verantwortung nachkommen.

    Viele Grüße

    Wolfgang Romey

    Antworten
  2. Schön zu sehen, dass sich in die Richtung zumindest an manchen Schulen etwas tut.

    Kurze Anmerkung: Zumindest an meiner Schule haben wir das Office-Paket umsonst bekommen. Ich gehe davon aus, dass die Schule dafür eine Lizenz hatte. Insofern fällt das Argument (ein wenig) raus.

    Ansonsten ist der Schritt zum Wechsel auf Linux aber sicher richtig. Neben den genannten Gründen gilt dies insbesondere, da in vielen IT-Berufen Linux-Kenntnisse wichtig sind und sicherlich gerne gesehen werden.

    Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass in vielen Betrieben Windows genutzt wird und die Fähigkeit dieses zu benutzen quasi implizit vorausgesetzt wird. Da wäre es natürlich schade, wenn Schüler, die nur Linux gelernt haben, dann einen Nachteil hätten (so sehr dies auch der Ideologie zuwider läuft).

    Antworten
    • Ja, anfangs bekommt man „ein Office Paket“ immer umsonst. Das ist wie beim Anfixen. Später dann, wenn man erst einmal „drauf“ ist, ist man bereit horrende Preise dafür zu zahlen, weil man nicht mehr davon weg will/kann.

      Die Zeit ist überreif für freie Software für freie Schulen und Schüler. Vielen Dank!

      Antworten
    • Ach ja, hatte da noch etwas vergessen:

      Zitat:
      „Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass in vielen Betrieben Windows genutzt wird und die Fähigkeit dieses zu benutzen quasi implizit vorausgesetzt wird.“

      1. Was heißt an vielen? Wollen wir, dass es irgendwann alle sind? Ist das dann kein Monopol?
      2. An vielen anderen Firmen wird Apple eingesetzt? Warum sollte man für „Microsoft“ ausbilden und nicht für Apple? Und das auch noch kostenlos? Sollten sich Schulen das nicht vielleicht bezahlen lassen?
      3. Sollten dann nicht alle Fahrschulen in D VW als Fahrschulautos einsetzen, weil VW den größten Marktanteil hat??
      4. Wenn die Schulen auf Office 2016 lehren und dann der Betrieb Office 2020 einsetzt, kann der Schüler dann sagen: „Oh, das kann ich gar nicht. Hab ich nicht gelernt.“ Oder heißt es nicht: „Techniken und Fertigkeiten“ lernen?
      5. Dazu kommt das „Henne – Ei“ Prinzip: Wenn die Schulen eine andere Software lehren, dann wird es evtl. auch in der Industrie eine andere Software geben. Die Firmen werden schon umsteigen, sofern sich das rechnet. Aber wenn die Schulen schon nicht umsteigen, … .
      6. Schulen müssen neutral bleiben. Software lehren ja, aber Offenheit zeigen.
      7. “ Weltweit erfolgte innerhalb zahlreicher Verwaltungen und Unternehmen die Migration von Microsoft Windows auf das Linux Betriebssystem. Das bedeutet, es kommt eine der zahlreichen Linux-Distributionen samt Fenstersystem und Desktop-Umgebung oder ein eigener Fork zum Einsatz. Weitere Verwaltungen und Unternehmen erwägen die Umstellung ihrer Arbeitsplatzrechner auf das Linux Betriebssystem.

      Zwei der bekannteren erfolgreichen Beispiele für einen Fork, sind die Stadtverwaltung von München, die viele ihrer Arbeitsplatz-Computer auf LiMux-Projekts[20], sowie die Gendarmerie nationale, die 72.000 Arbeitsplätze auf GendBuntu umgestellt haben.

      Ein Beispiel aus dem Industriebereich ist der Auto-Hersteller Citroën, der Anfang des Jahres 2007 20.000 Desktops auf Linux umgestellt hat.[21]“
      Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Linux-Einsatzbereiche#Marktanteile

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