Innehalten, mal wieder in Ruhe ein Buch lesen, quer durch Europa reisen oder sich einem eigenen Projekt oder Ehrenamt in Vollzeit widmen – davon träumen viele Beschäftigte. Bei Univention ist dieser Traum Wirklichkeit geworden, denn seit zwei Jahren besteht für Mitarbeitende nun schon die Möglichkeit, eine Auszeit in Form eines „Sabbaticals“ zu nehmen. Im Interview spricht Andreas u. a. darüber, wie er es geschafft hat, das Angebot zu etablieren, warum ihm so viel an der Thematik liegt und wie er sein Sabbatical verbracht hat.
Hallo Andreas! Warum hast du dich für ein Sabbatical entschieden?
Tatsächlich habe ich schon länger davon geträumt, viele unterschiedliche Orte zu sehen und neue Hobbys auszuprobieren. Ich hatte schon einige Bücher angesammelt zu Reisezielen, Weiterentwicklung, zeichnen und malen, aber ich hatte nie Zeit, diese zu lesen. Im Berufsalltag wurden die Aufgaben immer mehr, die Erwartungen höher, der Stress größer, die Richtung unklarer. Das sprichwörtliche Hamsterrad drehte sich immer schneller. Ein Wochenende reicht da nicht mehr, um den Akku aufzuladen und ein Urlaub ist nicht mehr entspannend. Dann sagt der Bauch, es könne auch anders gehen. Dies war für mich ein guter Zeitpunkt mir einen Herzenswunsch zu erfüllen und ein Sabbatical zu machen. Mal innehalten, langsam machen, mehr Bücher lesen, öfter in die Natur gehen und Europa bereisen.
Wie hast du dein Sabbatical mit Univention umgesetzt?
Ich weiß noch genau, dass am Anfang die Möglichkeit eines Sabbaticals noch nicht vorhanden und viel abzustimmen war. Zuerst ging ich auf Carina zu, meine Kollegin aus der HR-Abteilung, um dies zu besprechen. Nur wenige Wochen später wurde eine allgemeingültige Regelung für alle Mitarbeitenden gefunden. Ich war total überrascht, dass es so einfach und schnell ging. Mit Jörg, meinem Abteilungsleiter, konnte ich die nächsten Schritte klären und mit meinem Team planen. Meinen Kolleginnen und Kollegen bin ich dankbar für ihr Verständnis, denn sie haben meine Aufgaben übernommen. Einige Projekte konnte ich vorher noch erfolgreich abschließen. Nach meiner Rückkehr hatte ich mich auch bei Peter, unserem Geschäftsführer, bedankt und er hat ganz verlegen geantwortet, dass es ja auch ein Experiment war. Ein erfolgreiches, wie ich denke.
Wie sieht ein Sabbatical bei Univention aus und wie hast du dich auf deine Reise vorbereitet?
Unsere allgemeingültige Regelung für alle Mitarbeiter, die ein Sabbatical machen möchten, besteht aus einer Ansparphase und einer Freistellungsphase. In der ersten Phase wird auf einen Teil des Bruttogehalts verzichtet und ich sammele so ein Guthaben an, um dies in der zweiten Phase im Sabbatical aufzubrauchen. Der Vorteil ist, dass dann die ganzen Sozialversicherungen und Krankenkasse weiterlaufen wie bisher. Um Europa zu bereisen, stand ziemlich schnell fest, dass ich dazu einen Camper-Bus benötige. In Bremen habe ich eine Firma gefunden, um diesen Traum wahr werden zu lassen. Dort wurde ich gut beraten vom Fahrzeugkauf eines leeren Transporters bin hin zum komplett ausgestatteten bewohnbaren Innenausbau mit Herd, Kühlschrank, Bett, Solar und fließend Wasser. Die groben Reiseziele waren der Eiffelturm, Nordlichter und die Algarve.
Wohin bist du verreist und warum?
Die Planung begann mit Recherche und Ideensammlung. Die drei groben Reiseziele habe ich mit drei Routen verbunden. Ich bin im März 2022 gestartet. Die erste Etappe zum Kennenlernen des Camper-Lebens führte mich über Ostfriesland und die Niederlande nach Frankreich zum Eiffelturm. Ich habe recherchiert, dass in Kilpisjärvi in Finnland der beste Ort ist, um die Nordlichter zu sehen. Es gibt zwei Zeiträume, die ideal sind: Herbst und Winter. Also hatte ich die Wahl zwischen 5 °C oder -15 °C Durchschnittstemperatur. So war der Plan, von September bis Oktober dort zu sein. Mir wird häufig die Frage gestellt: „Sehen die Nordlichter wirklich so wie auf Fotos aus?“ Ja! Sie sind schön grün und völlig geräuschlos, wenn sie sich bewegen. Am Ende der dritten Route stand ich drei Wochen lang direkt an der Steilküste an der Algarve mit meinem Camper-Bus. Dort konnte ich jeden Abend bei Ferragudo schöne Sonnenuntergänge sehen. Im März 2023 war ich dann wieder zurück bei Univention in Bremen.
Wie sah dein klassischer Reisealltag aus?
Mein klassischer Reisealltag begann um 9 Uhr mit Aufstehen und Frühstücken. Gegen 12 Uhr überlegte ich dann, was ich denn tun möchte an diesem Tag, oder bleiben lasse. Ich bin langsam gereist, manchmal nur 60 km am Tag. Nur einmal bin ich über 500 km gefahren, um nächtliche Minustemperaturen im südspanischen Gebirge zu vermeiden. Da ich mein Fahrrad dabei hatte, konnte ich auch außerhalb parken und dann per Fahrrad die Umgebung erkunden oder einkaufen. Gekocht habe ich meistens selber mit einheimischen Zutaten, und manchmal bin ich auch irgendwo essen gegangen. In Warschau ist mir mein Fahrradsattel am Rohr abgebrochen. Aber auch dort gibt es Fahrradläden und das Restaurant „Tre Orsi Pizza“ kann ich da empfehlen. Mit meinem Englisch kam ich überall in Europa zurecht. Und ich habe viele Bücher mitgenommen und gelesen. Es war total schön und viel zu schnell vorbei.
Was sind deine Learnings aus dem Sabbatical?
Ich habe gelernt, dass es gut ist, eine Richtung zu haben, wohin man sich bewegen möchte. Man neigt vielleicht gerne dazu entweder völlig planlos die Dinge anzugehen, schnell und agil, oder erst einmal alles bis 100 % zu durchdenken, um nie wirklich anzufangen. Der Mix der beiden Extreme ist eine wichtige Mischung. Zurück zu Hause hat mir meine Wohnung gar nicht mehr gefallen. Ich habe erst einmal umdekoriert, auch mit Mitbringseln der Reise. Eine kleine Leseecke habe ich eingerichtet, um auch im Alltag mal ein Buch zu lesen. Gerne möchte ich weiterhin unterwegs sein, mal eine Woche im Büro und dann eine Woche im Homeoffice im Camperbus. Ich finde, diese Freiheit fördert die Kreativität und macht mich glücklich. Dafür bin ich Univention dankbar.
Was empfiehlst du Menschen, die ein Sabbatical planen oder mit der Idee spielen?
Darüber sprechen und sich mit anderen austauschen, die diesen Schritt schon gegangen sind. Einfach machen. Das wird großartig!
Vielen Dank, Andreas, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast. Mittlerweile hat die nächste Kollegin das Sabbatical in Anspruch genommen: es ging für ein paar Monate nach Mexiko.