In Unternehmen ist das Konzept des Bring Your Own Device – kurz BYOD – ein großes Thema. Längst ist man davon abgerückt, das Mitbringen eigener Geräte zu verbieten, und ist stattdessen dazu übergegangen, die IT-Infrastruktur so anzupassen, dass etwa private Smartphones gefahrlos am Arbeitsplatz genutzt werden können. Für Arbeitnehmer bedeutet das nicht nur, dass sie das Gerät ihrer Wahl einsetzen können, sondern auch, dass sie sowohl für private Zwecke als auch für die Arbeit nur ein einziges Gerät brauchen.
Was in Unternehmen also inzwischen selbstverständlich ist, sollte auch im Schulalltag möglich sein. Inzwischen hat fast jeder Jugendliche ein eigenes Smartphone, arbeitet zu Hause am eigenen Laptop an Schulprojekten oder surft lieber in der Schule auf dem eigenen Gerät nach Informationen, statt sich dafür in den Computerraum setzen zu müssen – an vielen Schulen für Schüler immer noch der einzige Zugang zum Internet. Auch sind für Lernende die Arbeitszeiten fließend und natürlich nicht nur auf die Schule selbst begrenzt.
Aber auch Lehrer beklagen zunehmend, dass die Integration digitaler Inhalte an Schulen zu kurz kommt. Laut einer Studie der Telekom Stiftung gaben nur 40 Prozent der befragten Lehrer an, dass ihnen WLAN in ihrer Schule zur Verfügung steht. Da stellt sich mir die Frage, ob Lehrer in der Schule mit ihrem eigenen Gerät nicht den gleichen bequemen Zugang zu digitalen Inhalten und zum Internet haben wollen, den sie Zuhause nutzen können – ebenso wie die Schüler.
Auch für Lehrer wird die digitale Mobilität eine immer größere Rolle spielen. Unlängst hat Bildungsministerin Johanna Wanka dafür den Aufbau einer bundesweiten Bildungscloud angestoßen. Eine Cloud, die von überall aus erreichbar sein soll. Die Kultusministerkonferenz unterstützt dieses Vorhaben. Immer mehr Lernmaterialien sollen digital zur Verfügung gestellt werden und immer mehr digitale Lernplattformen zum Einsatz kommen. Laut einer Studie der Telekom Stiftung wünschen sich ohnehin bundesweit 57,9 Prozent der Lehrer mehr Computer-Einsatz im Unterricht.
Immerhin erlauben bereits 48,1 Prozent aller Schulen ihren Schülern den Zugang mit ihren eigenen Geräten, hat die Telekom-Stiftung ermittelt. Das ist immer noch zu wenig, wenn der von der Bildungsministerin und der Kultusministerkonferenz forcierte digitale Wandel Erfolg haben soll.
Aber müssen es denn gleich die persönlichen Geräte sein? Warum sollen nicht ausschließlich Geräte als Lernmittel eingesetzt werden, die die Schulen selbst zur Verfügung stellen – also Get Your Own Device statt Bring Your Own Device? Der Hauptgrund: Die Geräte fehlen schlichtweg. Laut der Studie der Telekom-Stiftung stehen mobile Geräte lediglich bei 55,4 Prozent aller Schulen zur Verfügung. Und selbst dann sind es oft nicht genug, um den Bedarf zu decken.
Da haben die Schüler selbst also hochwertige Geräte und dürfen sie nicht einsetzen. Sie müssen ihre Inhalte aufwendig hin und her kopieren, um überall darauf zuzugreifen. Besonders Schüler werden immer wieder mit neuen Informationen konfrontiert, müssen Neues lernen und recherchieren. Da bleibt eigentlich kaum Zeit, sich auch noch mit der Verwaltung der recherchierten Materialien zu beschäftigen und sei es nur, eine Bookmarkliste über mehrere Geräte hinweg zu pflegen.
Ein weiteres und besonders wichtiges Argument für den Einsatz eigener Geräte: Schüler lernen ganz nebenbei, mit den digitalen Medien und ihren Geräten sinnvoll umzugehen. Medienkompetenz ist inzwischen ein wichtiges Lernziel und muss meiner Meinung nach vor allem an den eigenen Geräten erlernt werden. Schüler müssen früh lernen, mit digitalen Geräten zu arbeiten und sich weder vor ihnen fürchten noch sich von ihnen ablenken lassen.
Nur so können Schüler und Jugendliche auf das Leben in unserer zunehmend dynamischen Informationsgesellschaft vorbereitet werden und Kernkompetenzen im Umgang mit elektronischen Medien erwerben, die in sehr vielen Berufen eine zentrale Rolle spielen, wie es die Medienberatung NRW im Auftrag des Schulministeriums in Nordrhein-Westfalen formuliert. Vom Einsatz eigener Geräte an Schulen profitieren also besonders Schüler, aber auch Lehrer.
Es gibt auch Bedenken, die womöglich eine BYOD-Freigabe an Schulen verhindern. Da ist beispielsweise ein mögliches technisches Gefälle bei den unterschiedlichen Geräten der einzelnen Schüler. Hier könnten die Schulen selbst nachhelfen, wenn etwa Schüler und ihre Familien sich kein eigenes Gerät leisten können. Es müsste dazu nur die bereits vorhandene Ausstattung angepasst oder nachgebessert werden, was deutlich weniger teuer wäre, als komplette Klassensätze an Geräten anzuschaffen.
Auch die IT-Infrastruktur an den Schulen selbst muss verbessert werden. Schon ein funktionsfähiges Netzwerk einzurichten, ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Wollen hunderte Schüler und Lehrer mit mindestens einem, wenn nicht sogar mehreren Geräten ins Netz, wird eine schnelle und zuverlässige Anbindung ans Internet benötigt. Darüber verfügen aber laut der Studie der Telekom Stiftung lediglich 63,9 Prozent der Schulen bundesweit.
Dazu kommt die Auswahl der Bereiche in Schulen, in denen ein zuverlässiges WLAN zur Verfügung gestellt werden soll. Hier muss der Fokus auf Klassenräume, Lernbereiche und Lehrerzimmer und nicht auf den Pausenbereichen liegen. Das kann nicht nur durch eine gezielte Verteilung von WLAN-Routern erreicht werden, sondern auch Software-seitig durch den Einsatz personalisierter WLAN-Authentifizierung. Hier gibt es zahlreiche, auch frei verfügbare Lösungen wie die Open Source Software RADIUS (Remote Authentication Dial In Use Service).
Mit RADIUS lassen sich Zugänge weitgehend individuell definieren. Der Zugang erfolgt zunächst über ein persönliches Benutzerkonto und Passwort. Über die Notwendigkeit eines zentralen Identitäts- und Berechtigungsmanagementsystems für Schüler und Lehrer, um den Zugang zu Lernplattformen zu ermöglichen, wurde jüngst auf der Konferenz “Digitaler Wandel in der Bildung: Perspektiven für Deutschland” diskutiert. Über den Einsatz von RADIUS im Unternehmensbereich habe ich bereits in einem anderen Artikel geschrieben.
Besonders wichtig ist aber die Absicherung des Internetzugangs in Schulen. Schüler dürfen nicht auf alle Inhalte im Internet zugreifen dürfen. Jedes eigene BYOD abzusichern ist nahezu unmöglich, zumal die IT-Administration zunächst keinen technischen Zugriff auf die privaten Geräte hat. Die Lösung: Transparente Proxy-Systeme, die sowohl als Open Source Software als auch als kommerzielle Appliances zur Verfügung stehen. Sie werden als Gateway zum Internet eingesetzt und erfordern keine individuelle Authentifizierung. Transparente Proxys haben gegenüber herkömmlichen Proxy-Lösungen zwar den Nachteil, dass die individuelle Internetnutzung nicht kontrolliert werden kann, ermöglichen aber weiterhin die Absicherung des Internetzugriffs, ohne die IT-Administration zu belasten. Zusätzlich ist die Kompatibilität mit Apps deutlich höher als bei einem regulären Proxy-Dienst.
Es gibt bereits einige Schulen und Schulträger, die solche Lösungen in Pilot-Klassen ausprobieren. Erfahrungen, die dort gesammelt werden, können dazu dienen, das Angebot zu verbessern und auftretende Probleme bereits im Vorfeld zu lösen. Dabei können auch mögliche Datenschutzbedenken berücksichtigt werden, denn die Sicherheit der von Schülern erhobenen Informationen bedürfen eines besonderen Schutzes. Hier gelten andere Regeln als in Unternehmen.
Um Bring Your Own Devices an Schulen werden wir auf lange Sicht nicht herum kommen. Und das ist auch gut so, denn wie oben beschrieben halte ich die Nutzung eigener Geräte an Schulen für absolut sinnvoll und meine, dass sie die Schüler sinnvoll auf die digitale Welt, der sie im Privaten genauso wie im Beruf ständig begegnen werden, vorbereiten. Lehrer können bequemer digitale Lernmaterialien zur Verfügung stellen. Mit dem eigenen, vertrauten Gerät zu arbeiten, macht letztendlich auch ihnen viel mehr Spaß.